In seiner Rede in der gemeinsamen Gedenkfeier mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann erklärte Daniel Strauß, der Landesvorsitzende der Sinti und Roma in Baden-Württemberg, am 15. März 2023 im Neuen Schloss in Stuttgart:
“Vor 80 Jahren, am 15. März 1943, wurde eine gemeinsame Heimat endgültig zerstört. Es wurde ein Schlussstrich unter eine gemeinsame Geschichte gezogen, der Schlussstrich des Todes unter mehr als 500 Jahre Leben. Das war das Ziel der Täter. Der Ort, den sie Sinti und Roma zugedacht hatten, war der Tod. Im Schreien und Weinen der Menschen am Inneren Nordbahnhof heute vor 80 Jahren zerbrach eine Welt. Der Zivilisationsbruch fand mitten in Stuttgart statt. Das Verbrechen geschah vor aller Augen.
‘Wir waren unter den ersten, die dort ankamen’, erinnerte sich später Hildegard Franz aus Ravensburg. Für den ersten Teil der Reise von dort nach Stuttgart setzte die Bahn noch Reisezüge ein. ‘Die Polizei hatte zuerst die Menschen abgeholt, die weit entfernt lebten. Sie brachten viele, viele Menschen von überall her, es waren einige hundert Menschen. Die Polizei und die Kripo sind mit schussbereiten Gewehren auf und ab marschiert. Es kann sich niemand vorstellen, was sich dort abspielte. Noch am gleichen Tag ging unser Transport von Stuttgart nach Auschwitz, jetzt aber in Viehwaggons.
Ich weiß nicht mehr, wie lange die Fahrt gedauert hat. Zwei oder drei Nächte waren es. Wir sind spät abends oder nachts, es war dunkel, in Auschwitz-Birkenau angekommen. …
Die Schreie der SS, die Befehle, das Gebell der Hunde. Als wir das sahen, da wussten wir, dass wir hier nicht mehr lebend rauskommen.’
Wir gedenken heute aller nach Auschwitz deportierten Sinti und Roma, die mit dem Gebiet des heutigen Landes Baden-Württemberg verbunden waren. Wir gedenken heute aller Opfer und Überlebenden des Völkermords.”
Die Deportationen nach Auschwitz, die Himmler am 16. Dezember 1942 befohlen hatte, erstreckten sich über mehrere Wochen im März 1943. Als Landesvorsitzender besuchte Daniel Strauß zahlreiche Gedenkfeiern im ganzen Land, erinnerte gemeinsam mit den Nachkommen, heutigen Aufarbeitungsinitiativen und kommunalen Stellen an die Opfer des Völkermords und erwies den damals Deportierten seinen Respekt. So nahm er etwa am 23. März 2023 am Gedenken in Singen teil, wo besonders an die Familie Winter erinnert wurde, und am 24. März 2023 gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung gegen Antiziganismus, Mehmet Daimagüler, an einer Gedenkveranstaltung in Herbolzheim. Die dortige vorbildhafte Aufklärung des Schicksals der Familie Spindler wurde über Jahrzehnte vom Landesverband begleitet.