Bildungsarbeit mit jungen Menschen gehörte von Anfang an zu den Kernaufgaben des VDSR-BW. Jedes Jahr besuchen zahlreiche Schulklassen und Jugendgruppen das Kulturhaus RomnoKher mit seinen Ausstellungen und pädagogischen Angeboten.
Seit 2020 ist diese Bildungsarbeit auf eine neue Grundlage gestellt. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) bewilligte den 2019 vom VDSR-BW und seinen Partnern entwickelten und eingereichten Antrag für das Projekt „RomnoKher – Ein Ort der Begegnung, des Gedenkens und des Lernens über den Völkermord an den Sinti und Roma Europas“ im Rahmen des Förderprogramms „Jugend erinnert“. Die pädagogische Arbeit des VDSR-BW kann damit neue und weit über Baden-Württemberg hinausreichende Akzente setzen.
Der außerschulische Begegnungs‑, Gedenk- und Lernort RomnoKher lässt die kreative Auseinandersetzung mit neuen Sichtweisen auf Geschichte und Gegenwart der Minderheit zum außerschulischen Bildungserlebnis werden. Dabei werden junge Menschen mit Romani-Background sowohl als Teilnehmer als auch als Anleitende einbezogen.
Die Virulenz des Antiziganismus gehört zu den größten aktuellen Herausforderungen Europas und der Bundesrepublik. Antiziganistische Ressentiments und gewalttätige Angriffe auf Menschen mit Romani-Background nehmen europaweit zu.
Für den Begegnungs‑, Gedenk- und Lernort RomnoKher hat sich unter der Federführung des VDSR-BW ein Netzwerk führender nationaler Einrichtungen auf dem Gebiet des Gedenkens an den Völkermord an den Sinti und Roma Europas und der Antiziganismusforschung und Antiziganismusprävention – darunter die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, die Forschungsstelle Antiziganismus an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, die Arbeitsstelle Antiziganismusprävention an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, die Amadeu Antonio Stiftung, die Hildegard Lagrenne Stiftung und die RomnoKher gGmbH – zusammengeschlossen, um in Kooperation neue Zugänge zu entwickeln, mit denen jungen Menschen die Gegenwartsrelevanz der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma im nationalsozialistischen Deutschland und den von Deutschland besetzten Ländern vermittelt werden kann.
Im Zentrum steht die Schaffung eines einzigartigen Ortes für Begegnungen, der den menschlichen und politischen Horizont erweitern und die historische Sensibilität schärfen soll. Es wird ein prozessorientierter Begegnungsansatz verfolgt, der das interkulturelle Lernen fördert.
Als Methoden eingesetzt werden etwa Oral History und Zeitzeugenbegegnungen, selbstständige Erschließung von Lernmaterial (Quellenarbeit und Quellenkritik anhand textueller, materieller und audiovisueller Quellen) in Diskussion und Gruppenarbeit, spielerische und explorative Methoden, Theaterpädagogik und Musikpädagogik, der medienpädagogisch begleitete Gebrauch digitaler Medien oder raumbasiertes Lernen, das nachhaltige Lernerfahrungen ermöglicht und den Ort und seine besondere Geschichte einbezieht.
Leitende Werte und Entwicklungsziele dieser historisch-politischen Bildungsarbeit mit jungen Menschen sind Empathie und respektvolles Miteinander, Toleranz und Wertschätzung von Vielfalt, Menschenwürde und Menschenrechten, kritisch- reflexives Geschichtsbewusstsein und ein Bewusstsein für die Fragilität der demokratischen Zivilisation sowie die davon informierte Auseinandersetzung mit der Rolle von Minderheiten in der Demokratie und dem Rechtsstaat und seinen Gefährdungen.
Mit diesem Konzept wird jungen Menschen die einzigartige Möglichkeit eröffnet, gemeinsam mit Angehörigen der vom NS-Völkermord betroffenen Minderheit über die Geschichte dieses Völkermords und seine Gegenwartsrelevanz zu lernen. Junge Menschen begegnen (jungen) Menschen mit Romani-Background, die in ihrer Heterogenität – und teilweise auch in ihren Migrationserfahrungen – selbst die Heterogenität der jungen Menschen widerspiegeln, Bezug zu ihrer Lebenswelt haben und doch ganz unterschiedliche Geschichten mitbringen – Familiengeschichten der NS-Verfolgung, des Völkermords und des Lebens damit in den folgenden Generationen. Auf diesem Wege wird auch eine Antwort gegeben auf die Frage nach der Zukunft der Erinnerung nach dem Ende der Zeitzeugenschaft.
Verwirklicht wird diese Bildungserfahrung an einem Ort, der sich als Raum der Begegnung zwischen Minderheit und „Mehrheit“ etabliert hat und der für Minderheitenangehörige den Status eines „safe space“ hat, der Selbstentfaltung und Selbstausdruck ermöglicht. Die Formen der Bildungsarbeit berücksichtigen dabei die Erinnerungspraktiken der Opfer von Verfolgung und Völkermord und ihrer Nachkommen. Die Bildungsarbeit findet nicht über die Köpfe der Menschen hinweg statt, deren Geschichte aufgearbeitet wird, sondern wird auf Augenhöhe mit ihnen gemeinsam entwickelt und durchgeführt. „RomnoKher – Ein Ort der Begegnung, des Gedenkens und des Lernens über den Völkermord an den Sinti und Roma Europas“ hat den Anspruch, zu einem bundesweit einzigartigen Lernzentrum mit regionaler Verankerung in Baden-Württemberg zu werden.
Unser Lernort-Team bringt vielfältige Erfahrungen mit in Erziehungswissenschaften, Geschichtswissenschaften, Sozialpädagogik und Theaterpädagogik sowie im künstlerisch-musischen Bereich.
Christine Bast
Wissenschaftliche Referentin
Projektkoordination Bildung
Chana Dischereit
Wissenschaftliche Referentin
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg
Verband Deutscher Sinti und Roma, Landesverband Baden-Württemberg
Kontakt
B 7, 16 (Eingang über den Hinterhof)
68159 Mannheim
Telefon: 0621–911091-00
Fax: 0621–911091-15
eMail: info[at]sinti-roma.com
Öffnungszeiten
Montag — Donnerstag
09:30 — 12:00
14:00 — 16:30