Im Mittelpunkt des vom Landtag von Baden-Württemberg ausgerichteten Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus stand in diesem Jahr die Opfergruppe der Zeugen Jehovas. Aufgrund der Corona-Pandemie fand die Gedenkveranstaltung am 27. Januar 2021 virtuell statt. Nach einer Rede von Landtagspräsidentin Muhterem Aras sprachen Wolfram Slupina als Vertreter der Opfergruppe und der Historiker Hans Hesse. Zwei junge Zeugen Jehovas interviewten die 90-jährige Zeitzeugin Simone Arnold-Liebster. Sie wurde zwangsweise in eine NS-Erziehungsanstalt eingewiesen. Ihr Vater Adolphe Arnold durchlitt die Konzentrationslager Schirmeck, Mauthausen und Ebensee, ihre Mutter Emma Arnold die Konzentrationslager Schirmeck und Gaggenau. Ihr 2008 verstorbener Ehemann Max Liebster überlebte die Konzentrations- und Vernichtungslager Sachsenhausen, Neuengamme, Auschwitz und Buchenwald.
Die christliche Religionsgemeinschaft Jehovas Zeugen war eine der ersten im nationalsozialistischen Deutschland verfolgten Gruppen und wurde bereits 1933 verboten. Bei den vom Nationalsozialismus hingerichteten deutschen Kriegsdienstverweigerern handelte es sich in den meisten Fällen um Zeugen Jehovas. Sie waren auch eine der sichtbarsten und größten Häftlingsgruppen in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern der 1930er Jahre und wurden mit einem lila Winkel gekennzeichnet. In den Lagern fielen sie auch durch ihre Solidarität und Hilfsbereitschaft untereinander ebenso wie gegenüber anderen Häftlingen auf. Davon berichteten etwa inhaftierte Juden, Sinti, Roma und politische Häftlinge. Mindestens 10.700 deutsche Zeugen Jehovas und 2.700 aus den besetzten Ländern Europas erlitten direkte Verfolgung, ca. 50 Prozent der Angehörigen der Opfergruppe. Etwa 4.200 Zeugen Jehovas waren in Konzentrationslagern inhaftiert. 1.250 der Verfolgten waren minderjährig, 600 Kinder wurden ihren Eltern weggenommen. Mindestens 1.600 Zeugen Jehovas verloren durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft ihr Leben.
Der VDSR-BW ist Teil der Vorbereitungsgruppe des Landtags von Baden-Württemberg für den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Im Jahr 2022 werden Sinti und Roma im Mittelpunkt des Gedenkens stehen.
Zur Videoaufzeichnung des Gedenktags:
https://www.landtag-bw.de/home/mediathek/videos/2021/20210127gedenkstundeopferns1.html?t=0